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- [S50] STA Wolfenbüttel.
Nr. 3776 Herzogtum Braunschweig Stempelpapier 25 Pfennige
Geschehen vor Herzoglichem Amtsgericht Greene am 27. Juni 1877 auf dem Wielertschen Kleinkothof Nr. 10 zu Wenzen
Gegenwärtig: Assessor Thielemann, Protokollführer Fäthe
Auf geschehene Aufforderung des Kleinköthers Heinrich Ludwig Wielert hieselbst hatten sich die Seitsgenannten heute anher verfügt und trafen an:
1. den genannten Kleinköther Heinrich Ludwig Wielert, 63 Jahre alt
2. dessen zweite Ehefrau Caroline, geb. Funke, 57 Jahre alt,
3. deren jüngste Tochter Caroline, 19 Jahre alt, als Braut
4. den ältesten des sub. (unter) 1 Genannten aus 1. Ehe mit Johanne Helmke, Hausmann Heinrich Wielert, 37 Jahre alt, kömmlich von hier
5. den Altvater Christian Freund, 62 Jahre alt
6. dessen Ehefrau Johanne, geb. Hesse, 53 Jahre alt
7. der vorgenannten Freundschen Eheleute zweitältesten Sohn, Schmied Heinrich Freund, 24 Jahre alt, als Bräutigam, letztere 3 aus Naensen
8. der Kleinköther Heinrich von Ohlen, von hier
9. den Schmied August Freund aus Naensen, letztere beiden als Zeugen und tragen die sub. (unter) 1 ? 7 Genannten folgenden Hof ? Verlass, Erb- und Ehecontract vor:
§ 1 Der Kleinköther Ludwig Wielert ist Eigentümer des hierselbst belegenen Kleinkothof Nr. 10 nebst
Zubehörungen nach ausgeführter Seperation incl. Hofstelle 40 Morgen 40 Ruthen betragen, sowie Rechten und Gerechtigkeiten, insbesondere einer Brennholzberechtigung von 8 4/10 Meter und 60 Stück Wasen (Stangenholz) aus den Herrschaftlichen Forsten. Diesen Hof, sowie sämtliches darin befindliches lebende und todte Inventar mit Ausnahme der im § 4 sub. (unter) 1 und 2 gedachten Gegenstände tritt der g. Wielert unter Zustimmung seiner Ehefrau seiner jüngsten Tochter Caroline von heute an damit erb- und eigentümlich ab, und zwar unter folgenden Bedingungen resp. Verpflichtungen:
I. Die Hofannehmerin hat sämtliche auf den Hofe ruhenden öffentlichen und gemeinheitlichen Lasten, Hypothekschulden, soewie Landschulden und zwar Letztere zum Betrage von 300 Mark zu übernehmen und abzuführen.
II. Dieselbe hat den abtretenenden Hofwirth folgenden Altenteil zu gewähren:
1. zur Wohnung das kleine auf dem Hof befindliche Altentheilshaus nebst dabei befindlicher Stallung
2. 40 Ruthen gedüngtes Land im Grabegarten dicht vor dem Dorfe
3. jährlich:
a) 100 Mark Taschengeld in halbjährlichen Raten, die erste Rate mit dem heutigen Tage fällig, b) 24 Himten Roggen mittlerer Güte, c) 6 Himten Weizen desgleichen, d) 6 Himten Gerste desgleichen, e) 6 Himten Erbsen desgleichen, f) ½ Himten Linsen mittlerer Güte, g) 1 Schock weißen Kohl, h) ½ Schock Steckrüben, i) 3 Schock Eier und zwar Letzteren zwischen Ostern und Martini, diejenigen sub. g und h zu Michaelis zu liefern,
k) 3 Stiegen durch den sechsunddreißiger gewebter Leinewand die Stiege 11 Mark werth. l) 5 Meter Buchen Holz, frei anzufahren und zu zerkleinern, sowie gleichfalls 30 Wasen mit gleichen Bedingungen, m) 50 Pfd. Rindfleisch in monatlichen Raten, n) ½ Schock Roggenstroh an Weihnachten zu liefern, o) freies Weben eines Packen (6 Stiegen) Leinewand, p) 6 Mark für Öl an Michaelis zu liefern., q) 3 Schock guter Käse, r) 9 Mark für Wolle, s) den 3. Theil desjenigen Obstes, welches im Baumgarten geerntet wird., t) 20 Sack Kartoffeln und freie Einbringung derselben in den Keller.
4. monatlich 1 Kilo Salz
5. wöchentlich 1 ½ Kilo Butter
6. täglich 2 Liter frische Morgenmilch
7. freie Mühlen- und Vergnügungsfahrten nach Belieben der Alteltern
8. den Mitgebrauch der Haus- und Küchengerähte, sowie der Rauchkammer im Wohnhause des Hofwirthes Für jetzt und bis sich die Alteltern resp. Beim Überleben der Altmutter, diese anders entscheiden sollte, welche Entscheidung ganz in deren Belieben steht, beabsichtigen dieselben gemeinsam mit den neuen Hofwirthen hauszuhalten, erhalten jedoch hierneben die sub. 3a erwähnten 100 Mark Taschengeld, sowie das sub. 3u erwähnte Schwein, während natürlich bis zur gedachten anderweitigen Entscheidung die aufgeführten übrigen Prästationen (Abgaben und Leistungen), jedoch mit der ferneren Ausnahme der Vergnügungsfuhren und der Mitbenutzung der Rauchkammer wegfallen. Sollten die Alteltern oder der Überlebende derselben formal, den gemeinsamen Haushalt mit den Hofwirthen, als auch die sub. 1 bis 2, 3b bis t aufgeführten Altentheilsprästationen aufgeben wollen, worüber ihnen allein die Entscheidung zusteht, so tritt an deren Stelle die Geldsumme von 600 Mark, zahlbar in vierteljährlichen Raten, woneben das Taschengeld sub. 3a und das Schwein sub. 3u zu liefern sind. Durch den Tod eines der Alteltern erleiden diese Altentheilsbestimmungen keine Änderungen mit der einzigen Ausnahme, dass falls die Altmutter als Überlebende die bare Geldleistung von 600 Mark erwählen sollte, das Taschengeld und das Schwein qu. In Wegfall geräth.
III: Die Hofnehmerin ihrem ältesten Halbbruder, dem Häusling Heinrich Wielert (mitanwesend) an Abfindung vom Hofe und Hofinventarium
1. 900 Mark in baren Geldes Martini d. J. zu zahlen und event. von an mit 4% zu verzinsen.
2. folgende Naturalien, a) 1 Pferd zum Werthe von 600 Mark, b) 1 Kuh zum Werthe von 300 Mark, c) 1 Rind zum Werthe von 100 Mark, d) ein vollständiges zweischläfernes Bett nebst Sponde (Bettgestell) und 4fachen Überzügen zum Werthe von 300 Mark, e) ein Schwein zum Werthe von 150 Mark, f) einen Morgen Roggen zum Werthe von 100 Mark
g) ½ Morgen Weizen zum Werthe von 75 Mark, h) 10 Stiegen Leinwand zum Werthe von 150 Mark, i) einen eschernen zweifächrigen Kleiderschrank zum Werthe von 90 Mark, k) 1 Tisch zum Werthe von 10 Mark, l) 24 Säcke zum Werthe von 75 Mark, m) 100 Loten Flachs zum Werthe von 150 Mark zu der selben Zeit zu liefern, wobei die Hofabgeber bemerken, dass sie die vorstehende Naturalaussteuer mit Rücksicht darauf bemessen haben, dass der Abfindling von seinem 15ten bis 30ten Lebensjahre dem Hofe seine Kräfte, abgesehen von freiem Lebensunterhalt unentgeltlich gewidmet hat, dass er ferner im Gegensatz zu seinen sonstigen Geschwistern die Abfindung erst in späten Lebensjahren erhält und dass er endlich als ältester Sohn nicht zur Hofnachfolge gelangt.
§ 2 Außer vorstehendem Altentheile hat der neue Hofwirth die Alteltern frei und standesgemäß auf seine Kosten beerdigen zu lassen.
§ 3 Außer Beckmann wegen Erbtheilung eine Quittung, erhalten, und soll damit vom väterlichen Hofe und dem elterlichen Vermögen abgefunden sein, insbesondere an barem Gelde nichts mehr erhalten, da auch die übrigen Abfindungen an barem Gelde nicht über 900 Mark erhalten hat
§ 4 Ausgenommen von der Hofübertragung werden:
1. 64 Ruthen Grabeland an der Holztrifft, und überweisen die abtretenden Hofwirthe das Eigenthum an denselben dem Sohn Heinrich Wielert und zwar von Michaelis d. J. an schenkweise.
2. a) 2 vollständige zweischläferne Betten, b) 1 tannener Tisch, c) 6 Stühle, d) ein Kleiderschrank, e) ein Koffer, f) Wäsche und Kleider der Alteltern, welche Gegenstände mit in das Leibzuchthaus resp. an einen anderen Wohnort zu nehmen und für Lebenszeit zu benutzen, sich die Alteltern vorbehalten.
§ 5 Die Caroline Wielert acceptiert vorstehende Hofübertragung bestens und verspricht, die daran geknüpften Bedingungen und Verpflichtungen getreulich zu erfüllen, gleichfalls acceptiert die Zusicherung der Abfindung des Häuslings Heinrich Wielert, und erklärt sich mit deren Zahlung resp. Lieferung für vom Hofe abgefunden.
§ 6 Die Caroline Wielert und der Schmied Heinrich Freund haben sich zur Ehe verlobt, wiederholen solches Verlöbnis damit in Gegenwart der Zeugen sowie unter Zustimmung der beiderseitigen Eltern und wollen die Ehe demnächst eingehen.
§ 7 Die Braut heiratet ihrem Bräutigam den ihr vorstehend verschriebenen Hof zu und räumt demselben alle einem Ehemann an dem Heirathsgute zukommenden Rechte daran ein. Der Bräutigam acceptiert die Zuheirathung und verspricht in Hof Martini d, J. als Gegenvermächtnis ein- und zuzubringen:
1. sechstausend Mark bares Geld
2. folgende Naturalien
a) 2 vollständige zweischläferne Betten samt 10 vollständigen Überzügen und 12 Bettlaken. b) 8 drellerne (aus Drillichgewebe)Tischlaken, c) 36 drellerne (aus Drillichgewebe) Handtücher, d) 24 dito Säcke, e) 1 polierten eschernen Kleiderschrank, f) 2 dito. dito. Koffer, g) 2 dito. dito. Tische, h) 12 dito. dito. Stühle, i) 1 Sopha, k) 1 Kommode, l) 2 zweischläferne Bettsponden, (Bettgestelle), welches Gegenvermächtnis die Braut ihrerseits acceptiert
§ 8 Laut Verlaß Contracts, betrefend den Freundschen Kleinkothof Nr. 14 zu Naensen vom vorigen Jahre hat der jetzige Eigenthümer August Freund von obigen 6000 Mark die Summe von 4500 Mark als Abfindungen vom Hofe seinem Bruder Heinrich zu zahlen, wogegen die Freundschen Alteltern den Rest mit 1500 Mark sowie die Naturalaussteuer zu Martini d. J. Ihrem Sohn Heinrich zu zahlen resp. zu liefern damit versprechen, welches dieser und seine Braut acceptieren. Auch der August Freund verspricht Zahlung bis Martini d. J. unter Acception der Brautleute.
§ 9 Todesfälle anlangend soll unter den angehenden Eheleuten, falls Kinder aus der Ehe hervorgehen sollten, die gesetzliche Erbfolge eintreten. Bei nicht vorhandenen Kindern beerben sich die Eheleute gegenseitig und entsagen für diesen Fall sowohl die Eltern der Braut als die des Bräutigams, dem ihnen als dann zustehenden Miterb- resp. Pflichttheilsrechte damit ausdrücklich.
§ 10 Bei dem Tode der Alteltern soll die Kleidung und Wäsche des Altvaters an dessen Sohn Heinrich vererbt werden, wogegen der sonstige Nachlaß derselben in den Hof zurückfällt.
§ 11 Die Kosten dieses Contracts, dessen Ausfertigung und der Eintragung übernimmt der Schmied Heinrich Freund.Sämtliche Kontrahenten erklären nochmals ihr Einverständnis mit dem vorstehend Niedergeschriebenen, acceptieren die einander gemachten Zusicherungen und Verzichte und entsagen allen dem Contract etwa entgegenstehenden Einreden, insbesondere der des Betruges, sowie der, dass anders niedergeschrieben, als vereinbar und endlich der, dass ein allgemeiner Verzicht ohne Aufzählung der einzelnen Einreden ungültig sei. Schließlich baten die Brautleute um Ausfertigung dieses Contracts und um Berichtigung des Besitztitels für sie, die Braut, sowie die Wielertschen Alteltern und der Heinrich Wielert um Vermerk ihres Altentheils resp. Abfindung. V. g. u. u. (Vorgelesen und unterschrieben)
L. Wielert, Hand xxx zeichen der Ehefrau Wielert (Brautmutter), Lina (Caroline) Wielert (Braut), Heinrich Heinrich Ludwig) Wielert (Brautvater Christian Freund (Vater des Bräutigams), Johanne Freund (Mutter des Bräutigams), Heinrich Freund (Bräutigam) von Ohlen (Verwandter der Braut und Zeuge), A. Freund (Verwandter des Bräutigams und Zeuge)
in fidem (zur Beglaubigung) Th. Fäthe
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