Oppermann, Ingeborg

weiblich geschätzt 1910 -


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  • Name Oppermann, Ingeborg 
    Geboren geschätzt 1910  Hannover Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort 
    Geschlecht weiblich 
    Personen-Kennung I3497  Vennekohl
    Zuletzt bearbeitet am 11 Okt 2016 

    Familie Ohlendorf, Gerhard Gustav Karl Paul,   geb. 23 Mrz 1909, Hannover Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort,   gest. 1964, Klein-Berkel Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort  (Alter 54 Jahre)  [1
    Verheiratet 1938  Hiddestorf Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort 
    Kinder 
     1. Ohlendorf, Gustav,   geb. 1938, Deinsen Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort
     2. Ohlendorf, Gerhard Ludolf,   geb. 1939, Deinsen Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort
     3. Ohlendorf, Ingeborg,   geb. nach 1940
    Fotos
    Deinsen, Vor der Kirche 1
    Deinsen, Vor der Kirche 1
    Pfarrhaus Nr. 42
    Zuletzt bearbeitet am 26 Jun 2017 
    Familien-Kennung F819  Familienblatt  |  Familientafel

  • Quellen 
    1. [S3] Sonstiges.
      Erinnerungen rund um das Deinser Pfarrhaus der Jahre 1938 bis 1946

      Ingeborg Ohlendorf geb. Oppermann und Gerhard Ohlendorf ließen sich 1938 in Hiddesdorf nach Ende seiner dortigen Zeit als Pastor im Hilfsdienst trauen. Ihm wurde die Gemeindepfarrstelle Deinsen mit Marienhagen als Filialgemeinde zugewiesen.
      Sie stammten beide aus Hannover und waren Volltheologen. Allerdings durfte sie nur Vikarin heißen und verheiratet kein offizielles Amt bekleiden. Im Studium war sie in Marburg von Prof. Heiler und seinem Buch "Das Heilige" beeindruckt, das vom Liberalismus abgrenzte. Ebenso schätzte sie den jungen Dozenten Paul Schütz. In Berlin zog sie in einen der ärmsten Stadtteile, verbunden der religiös-sozialen Bewegung des Schweizer Professors Raggatz. Nach dem 2. Examen arbeitete sie in Gemeinden Goslars und danach als Beauftragte für Frauenarbeit im Sprengel Stade.

      Er, gesundheitlich seit dem 1. Weltkrieg geschwächt, war ein einfühlsamer Geiger gewesen und Anhänger von Hannover 96. In den wirren Zeiten des 2. Weltkrieges und danach fand ein Großteil seiner Seelsorge bei Begegnungen auf den Straßen statt, die damals immer belebt waren.
      Im Pfarrhaus befand sich neben der hohen einladenden Tür nach links ein Gemeinderaum und im Stockwerk darüber ein ebenso stattliches Zimmer für Konferenzen und für Feiern. Zur Toilette ohne Wasser musste man über den Hof gehen. Als Windschutz errichtete unser Vater eine Wand aus Planken.
      Die Großväter sowie seine Mutter und seine ältere Schwester kamen gern aus Hannover angereist, nämlich mit der Bahn bis Banteln und dann zu Fuß über den Külf. Als wir Jungen größer waren, wurden wir öfter mit dem Handwagen entgegengeschickt. Das Knistern der Starkstromleitung vor Banteln machte uns Angst. Wenn Tiefflieger zu hören waren, sollten wir uns flach in den Seitengraben legen. Ich, Gustav, war noch vor Kriegsbeginn geboren und Bruder Gerhard Ludolf im ersten Kriegsjahr.
      Noch im Herbst 1939 radelte der Vater zur Musterung nach Bückeburg, wurde aber wegen Schwäche nicht eingezogen. Außerdem verstärkte sich seine Schwerhörigkeit unter dem Druck der politischen Entwicklung. Diese hatte beiden Eltern schon in der Studienzeit zu schaffen gemacht.
      Weil nun Amtsbrüder eingezogen wurden, vergrößerte sich der zu betreuende Bezirk bis nach Godenau und Deensen, Duingen, Wallensen und Salzhemmendorf. Von Jahr zu Jahr waren mehr Trauerfeiern zu halten.
      Alle Wege wurden mit Fahrrad auf schlechten Straßen zurückgelegt, auch zu Besorgungen nach Gronau. Treuer Begleiter und Bewacher des Rades war der kluge Schäferhund Peter, unser weiteres Familienmitglied. Leider geriet er 1947 bei Gifhorn in eine Falle. Mürbe Bereifung war immer wieder einfallsreich zu flicken. Bei schwierigem Wetter ließ sich der Vater manchmal auf der kleinen Kalkbahn mitnehmen. Zu Konferenzen radelten die Eltern bis nach Coppenbrügge und nach Springe.
      Um einen Eilzug zu erreichen, fuhr Großvater mit dem Postauto nach Alfeld. Einmal begleitete ich ihn zu Fuß die 12 km dorthin. Immer zwischen zwei Dörfern gab es eine Ruhebank mit Büschen als Windschutz. Das Postauto hatte Platz für ein paar Mitfahrende. Es hielt am Klei bei Hampes, der Gaststätte mit Saal, mit Kaufmannsladen und Poststelle. Etwas abwärts war Gödeckes Bäckerei mit gemütlichem Laden.
      Gesprächspartner waren den Eltern Haspers in der Marienhäger Direktorsvilla, Barkhausens auf Gut Heinsen, Förster Aulich in Ahrenfeld, Pastor Blitz in Eime und in Esbeck der alte Pastor Erythropel (?Rotenburg"). Oft dahin mitgenommen, behielt ich in Erinnerung den weißhaarigen Mann in seinem Sessel und die dicken Zigarren. Er hielt eine holländische Zeitung und hatte daher besondere Informationen zum Zeitgeschehen.
      Ein Nutzgarten am Südrand des Dorfes war für die Ernährung wichtig. Steckrüben, Kartoffeln, Bohnen und Pferdebohnen wurden oft gegessen und dazu die wenig geliebten Graupen. Am Rand des Gartens wurde es uns Kindern nicht langweilig. Zusammen mit weiteren Kindern konnten wir uns durch das ganze Dorf tummeln. Es gab keine Autos. An den Rändern der Wege und Straßen besahen wir auch unterschiedliche Pflanzen. Am westlichen Bach gab es nebeneinander noch alte Rottekuhlen, die zum Erweichen des Flachses gedient hatten.
      Wir durften in verschiedene Ställe hineingehen, bekamen auch mal, wie in der stillgelegten Mühle, ein Butterbrot geschmiert und mit Wurst belegt. Manchmal nahm uns ein Bauer mit aufs Feld. Jeweils zwei Pferde zogen die Wagen. Heim kamen wir dann mit schmutzigen Händen und mit verschmierten Hosentaschen, wenn wir Schnecken gesammelt hatten. Im Haushalt halfen der Mutter erst Gisela, dann Anita Nedderhuth und danach die Bauerntochter Christa Vennekohl.
      An Sonntagnachmittagen war es üblich, in der Feldmark umherzugehen. Beim Wasserfall, an dem der alte Mühlgraben abgezweigt worden war, dufteten Minzpflanzen. Das erste Bier bekam ich in der Waldwirtschaft über dem Eimer Schacht zu trinken. Von einem früheren Ausschank zeugte noch ein baufällig gewordener Aussichtsturm und etwas tiefer ein Felsenkeller. Uns Jungen nahmen die Eltern mal mit zu einem Spaziergang über Marienhagen zu den Klippen des Kahnsteins. Angst hatten wir Kinder vor dem grimmigen Gesicht des Bürgermeisters Stuke. Dort hatten wir, in Reihe aufgestellt, die Essensmarken zu holen. Aus Kirchenfeindschaft war den Eltern nicht gestattet, ein Schwein zur Verwertung von Resten zu halten, obwohl ein kleiner Stall vorhanden war.
      An Führers Geburtstag waren wohl alle Häuser mit Hakenkreuzfahnen bestückt. Als Luftangriffe begannen, waren an allen Fenstern Rollos zum Verdunkeln anzubringen. Vorratsbunker im Hang östlich der Ake wurden teilweise vergrößert. Dadurch wahrscheinlich angeregt, grub ich im Garten ein tiefes Loch so groß, dass Brüderchen und ich hineinpassten. Wir stellten auch Stufen und eine Überdachung her. Als aber eine große gelbe Dahlienblüte für Beleuchtung sorgen sollte, wurden wir enttäuscht. Der Vater stattete den unteren Turmraum mit Notlagern aus.
      Die Flak bei Godenau (?) schoss einmal eine amerikanische Maschine ab. Der junge Pilot landete mit seinem Fallschirm in dem hohen Birnbaum neben dem Pfarrhaus und dachte, nun erschossen zu werden. Unsere Mutter aber begrüßte ihn auf englisch. Er wurde abgeführt zur Gefangenschaft. Die Maschine aber bohrte sich zwischen Marienhagen und Deilmissen in den Lehmboden hinein. Die wenigen Männer, die es vor Ort noch gab, darunter unser Vater, mussten sie ein paar Tage lang bewachen.
      Die Mutter schwebte oft in Ängsten, wenn der Vater lautstark seines schlechten Gehörs wegen das Radio aufdrehte, um englische Sender zu hören, und der Schall auch in die Nachbarschaft ging. 1943 suchte seine jüngere Schwester aus Hannover mit zwei Söhnen bei uns Zuflucht. Ferner tauchte eine Frau auf, die einst Mitschülerin in Hannovers Sophienschule gewesen war. Ihr Mann, ein Wallone, war entweder gefallen oder gefangengenommen. Sie trat herrisch auf und brachte fünf Kinder mit. Sie und weitere Flüchtlinge kampierten auf Strohsäcken.
      Immer weiter füllten Flüchtlinge und Heimatvertriebene das Dorf. Die neuere Schule am Klei war dabei Zentrale. Ein Zwischenfall sorgte für Aufregung: der Sohn des Straßenwärters Braukmüller hatte zu Hause einen Vorrat an Mohn entdeckt und von der ölhaltigen Frucht so viel gegessen, dass er für zwei Tage und zwei Nächte in Tiefschlaf fiel und der Arzt nicht sagen konnte, ob er wieder aufwachen werde.
      Die Winter waren reich an Schnee und der Kirchbrink geeignet zum Schlittenfahren. Wer aber unten gegen die Wand der Scheune prallte, konnte lang dauernde Kopfschmerzen haben. An der unteren Ecke stand eine hohe Buche. Als sie, vielleicht Holzbedarfes wegen, gefällt wurde, lief einer der Arbeiter nicht weit genug fort. Ein dünnes äußeres Reiser peitschte mit solcher Wucht auf seinen Kopf, dass es den Schädel spaltete.
      Die Mitte Hannovers und Industrieanlagen waren schon im Oktober 1943 zerbombt worden. Im April 1945 sahen wir über zwei Berge hinweg den Feuerschein vom brennenden Hildesheim. Eine Bombe traf die Munitionsfabrik in Godenau. Die Explosion löste so starke Wellen aus, dass noch in Deinsen einige Fensterscheiben zersprangen. Die Mutter erzählte später, aus Nervosität seien etliche Einwohner in abergläubische Praktiken zurückgefallen.
      Ans Pfarrhaus kamen wiederholt fremde Männer, die sich auf der Flucht vor Gefangennahme befanden. Sie verbargen sich tagsüber und liefen in Folgenächten weiter, meist in Richtung Rott.
      Am 8. Mai 1945 kam die Nachricht vom Selbstmord des ?Führers" in Berlin und von der deutschen Kapitulation. Amerikanische Panzer rollten ins Dorf. Sie passten kaum in die schmalen Nebenstraßen. Wir Kinder bestaunten die Fahrzeuge, die Uniformen und die Dunkelhäutigen unter den Männern. Die Kinder bekamen Schokolade geschenkt.
      Neuanfang
      Aus Halberstadt war Lehrer Schaller mit Frau und Tochter ins Dorf gekommen, ein gebildeter Mann. Zunächst hatte er für die Gemeinde Gräben freizuschaufeln, um die Entwässerung von Wegen wieder in Ordnung zu bringen. Abends aber sorgte er für geistige Bildung, zum Beispiel mit Lichtbildvorträgen. Bei den Einwohnern wollte er Liebe zur Heimat wecken und vertiefen. Mich sollte er, weil ein Ortswechsel geplant wurde, gleich auf das zweite Schuljahr vorbereiten. Unser Vater war von seiner Mutter gedrängt worden, seiner verwitweten Schwester mit inzwischen drei Jungen zuliebe nach Leiferde im Kreis Gifhorn zu wechseln, damit sie im dortigen Pfarrhaus wohnen bleiben könne.
      Die britischen Besatzer forderten die Pastoren auf, zu helfen, Schulunterricht wieder in Gang zu bringen. In Deilmissen traf der Vater auf Margot Otto, ein 16j ähriges großes Mädchen. Es stammte aus dem Kreis Liegnitz, war nach der Volksschule als Ersatzlehrerin im Warthegau eingesetzt worden, bis die sowjetische Armee das Land überrollte und ein Soldat sie schädigte. Irgendwie kam sie in den Westen. Vom Verbleib ihrer Angehörigen erfuhr sie erst Jahre später durch den Suchdienst des Roten Kreuzes. Reichlich hilflos stand sie nun als Fremde vor den Deilmisser Kindern. Fortan gehörte sie zu unserer Familie als ältere Schwester und verbrachte die allermeisten Ferien bei uns. Von Leiferde aus durfte sie in Lüneburg studieren, wurde Lehrerin in Vordorf bei Meine, dann in Wolfsburg, in Hondelage und schließlich in Sehnde.
      Während der Kriegsjahre mit ihren sich überstürzenden Ereignissen hatte der Vater kaum Zeit gefunden, seine Notizen der vielen Amtshandlungen in die jeweiligen Kirchenbücher einzuschreiben. Das gab später noch Komplikationen. Im Sommer 1946 ließ er sich in die Pfarrstelle Leiferde bei Gifhorn einführen, zuständig nun für 5000 Einwohner in neun Ortschaften. Ein großer Möbelwagen nahm die Familie mit dorthin - mein Bruder und ich aber tippelten mit einem Rucksack und einem Beutel die vier Kilometer nach Heinsen. Vor dem Herrenhaus wohnten damals noch viele Landarbeiter. Es gab einen Springbrunnen und eine zweiseitige geschwungene Freitreppe, Kellergewölbe mit Fledermäusen und um den ausgedehnten Garten eine lange hohe Bruchsteinmauer. Sonntags ging es mit Eselsgefährt zur Esbecker Kirche. Nach vier Wochen waren diese schönen Ferien dann zu Ende, und wir zwei wurden abgeholt.
      Kassel am 12. 11. 2014 Gustav Ohlendorf