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- [S50] STA Wolfenbüttel.
Ehevertrag: 47 Neu Gr. 4 Nr. 80 Seite 97a-99 vom 9.4.1877 im StA Wolfenbüttel
Geschehen Dielmissen von Seiten Herzoglichen Amtsgerichts Eschershausen, am 28. Mai 1878
Gegenwärtig Amtsrichter Rägener
Protocolführer Rustenbach
Auf Aufsuchen des Vollmeier August Hundertmark von hier hatte man sich heute anher verfügt und sistirten sich:
1. der Requirent, Vollmeier August Hundertmark, 34 Jahr alt,
2. der Vollmeier Christoph Renziehausen,
3. dessen Tochter Hermine Renziehausen, 21 Jahr alt
4. der Gemeindevorsteher Ludwig Brand,
5. der Großköther Conrad Renziehausen,
6. der Vollmeier Hermann Ahlswede, sämtlich von hier,
7. der Vollmeier Ludwig Hundertmark aus Halle,
von welchen der Comyarent sub 1 zuvörderst vortrug:
Ich bin in 1. Ehe verheirathet gewesen mit Caroline Ahlswede, welche mir einen, jetzt 7 Jahr alten Sohn, Namens August, hinterlassen hat. ?Laut Ehecontracts vom 27. November 1869 hat dieselbe mir den sub. Nr. 46 hieselbst belegenden Vollmeierhof, welcher jetzt schuldenfrei ist, nach Ausweis des Separationsrecesses von Dielmissen mit 226 Morgen 119 Ruthen Länderei und Holzung dotirt ist, zugeheirathet, und ist in dem unterm 6. Februar d. Jahres aufgenommen gerichtlichen Protocolle zwischen mir und meiner Ehefrau festgestellt, dass ich den Hof bis zum zurückgelegten 30. Lebensjahre meines Sohnes zu bewirtschaften und zu benutzen habe. Da behuf der Hofswirthschaft meine Wiederverheirathung erforderlich ist und ich mit der Hermine Renziehausen mich verlobt habe, so soll nunmehr zwischen uns ein Ehecontract verlautbart werden. Da zur Wahrnehmung der Rechte des minderjährigen August Hundertmark die Anordnung einer Specialcuratel erforderlich geworden, so wurde nach erklärter Bereitwilligkeit unter Verweisung auf den in der Oecke`schen Vormundschaft geleisteten Eid der Gemeindevorsteher Ludwig Brand zum Specialcuretor bestellt und sind die Cumparenten Conrad Renziehausen und Hermann Ahlswede der Curatel als Familienfordernde beigeordnet.
Diesem vorgängig trugen sodann die Cumparenten nachstehenden Ehe- und Erbvertrag zur gerichtlichen Ausfertigung vor:
§1.
Der Vollmeier August Hundertmark und die Hermine Renziehausen haben sich mit einander verlobt, wiederholen unter Zustimmung des Vaters der Braut sowie in Gegenwart der übrigen oben aufgeführten Comparenten des einander gegebene Eheversprechen und soll die Ehe als bald in gesetzlicher Weise vollzogen werden. Bemerkt wird, dass die Mutter der Braut sowie der Vater des Bräutigams verstorben sind, die Mutter des letztern jedoch ihre Zustimmung zu dem Verlöbnisse noch ertheilen wird. §2.
Der g. Hundertmark verschreibt seiner Braut für den Fall der Verheirathung den Mitbesitz und Mitgenuss des von seiner
1. Ehefrau ihm zugeheiratheten Vollmeierhofs Nr. 46 hieselbst nebst Zubehörungen dessen Bewirthschaftung und Nutzung ihm laut Protocolls vom 6. Februar d. Jahres bis zum 30. Lebensjahr seines Sohnes 1. Ehe zusteht.
Sollte der Bräutigam früher versterben und Kinder aus der vorseienden Ehe vorhanden sein, so wird der künftige Ehefrau desselben der Hof qu. zur Bewirtschaftung und Nutzung bis zum zurückgelegten 27. Lebensjahr des Anerben, falls aber Kinder aus der vorseienden Ehe nicht vorhanden sein sollten, bis zum zurückgelegten 25 Lebensjahr des Anerben zugesichert. Ebenso wird in dem Falle des frühem Ablebens des Bräutigams dessen demnächstiger Ehefrau nachfolgende Leibzucht damit verschrieben: Zur Wohnung das so genannte Leibzuchtshaus in welches dieselbe sich die zu ihrem Bedarf erforderlichen Möbeln, Haus- und Küchengeräthe mitzunehmen berechtigt sein soll, jährlich 50 Himten Roggen, 30 Himten Gerste, 12 Himten Erbsen, 6 Himten Weizen, 3 Himten Sommersaat, 36 Himten Kartoffeln, 2 Metzen Linsen, den etwa 30 Ruthen großen Garten beim Leibzuchtshause, sowie im großen Garten das am Stacket befindliche Stück, beide ordnungsmäßig zu Düngen, den 3. Theil vom Obste, jährlich 10 Bothen reinen Flachses, zu Weihnachten ein fettes Schwein nach ihrer Auswahl, auf Maitag ein Ferken, im Helbst ein Schnittschaf zum Schlachten, und bei der Schur 12 Pfund guter Wolle, zu Martine 3 fette Gänse, 6 Schock Eier auf Anfordern, von dem vorhandenen Viehe 2 Kühe nach Auswahl, frei in der Reihe zu füttern, welche, wenn sie abhängig werden sollte, durch gleich gute ersetzt werden, auch sollen die von denselben fallenden Kälber der Leibzüchterin verbleiben, freies Fuhrwerk, wenn dieselbe ausfahren will, das zum Kochen und Heizen erforderliche zerkleinerte Brennholz von dem Vorrathe des Hofwirths, freier Transport des Mahlguts nach und von der Mühle, freies Bleichen im Garten und freies Mitbacken des Brotes.
§3.
Der Vollmeier Christoph Renziehausen verschreibt seiner Tochter am Hochzeitstage als Heirathsgut 15000 M. baaren Geldes und einen Standesmäßigen Brautwagen mitzugeben. Ob dieselbe damit von seinem Vermögen vollständig abgefunden sein soll, wird späterer Bestimmung vorbehalten. §4.
Die Hermine Renziehausen diese Auslobung bestens acceptirend verschreibt dieses ihr Heiratsgut ihrem Bräutigam im Falle der Verheirathung zuzuheirathen §5.
Da der Vollmeierhof Nr. 46 schuldenfrei ist und größere Anwendungen in den Hof nicht zu machen sind, so soll dieses von der Braut einzubringende Capital zur Abfindung der aus der vorseienden Ehe etwa erfolgenden Kinder zunächst verwandt werden, wobei sich von selbst versteht, dass die Kinder aus der verseienden Ehe auch eine Abfindung von dem Hofe zu gewärtigen haben, welche zur Zeit noch nicht zu bestimmen ist, und wobei die Kräfte des Hofs und dasjenige, was von dem g. Hundertmark in den Hof inferirt worden, sowie die dem Hofe geleisteten Dienste maßgebend sein sollen.
§6.
Sollte die verseiende Ehefrau etwa kinderlos sein und die Braut den Bräutigam überleben, so sollen von dem Heirathgute zu 1500 M. dem Hundertmark`schen Sohne 1. Ehe 9000 M. zufallen, und beim Tode das s. Hundertmark fallig sein. Im Übringen wollen die angehenden Eheleute, vorbehältlich der gesetzlichen Erbrechte des aus der ersten Ehe des Hundertmark vorhanderen Sohnes und der aus der vorseienden Ehe etwa erfolgenden Kinder sich gegenseitig zu Erben damit einsetzen und hat der Vater der Bereits auf das ihm gesetzlich zustehende und gerichtsseits erläuterte eventuelle Miterbrecht verzichtet. Die Contrahenten acceptiren die einander gemachten Zusagen nochmals und trägt der s. Hundertmark darauf an, die seine Braut zugesicherten dinglichen Rechte nach vorgängigen Umschreibung des Hofs auf den Namen der Erben seiner 1. Ehefrau in dem Hypothekenbuche betreffenden Orts zu vermerken. Hirnächst trug der Special- Curator, Gemeindevorsteher Brand, unter Beitritt der Familienfreunde, vor:
Wir sind der Ansicht, dass durch den vorstehenden Contract das Interesse des minderjährigen Hundertmark`schen Sohnes 1. Ehe genügend erwogen ist. Der g. Hundertmark ist nicht im Stande, den von seiner 1. Ehefrau nachgelassenen, auf ihn und seinen Sohn vererbten Hof ohne eine tüchtige Hausfrau nutzbringend zu bewirtschaften. Da der Hof schuldenfrei und mit 226 Morgen 19 Ruthen Länderei resp. Waldung, (letztere zu 34 Morgen) dotirt ist, so ist die der künftigen Ehefrau des Hundertmarks eventuell ausgesetzte Leibzucht angemessen. Derselben sind allerdings für den Fall des frühen Ablebens ihres Bräutigams die Nutzungsjahre in Betreff des Hofs über das Alter der Großjährigkeit des Anerben hinaus zugesichert. Es wird sich aber schwerlich eine Frau für den Hundertmark finden, welche nur bis zum Alter der Großjährigkeit des Anerben sich einlassen wird, wenigstens eine solche nicht, welche, wie die Braut, ein ansehnliches Vermögen besitzt. Zu dem ist zu berücksichtigen, dass es wünschenswerth ist, dass der Anerbe erst zu reifern Jahren gelangt, bevor er die Wirtschaft eines so bedeutenden Hofs selbst übernimmt. Soviel die Verwendung des der Braut zugesicherten Heirathsguts unbelangt, so halten wir die getroffenen Bestimmungen gleichfalls für zweckmäßig. Die aus der bevorstehenden Ehe etwa erfolgenden Kinder haben unzweifelhaft einen Anspruch auf Abfindung von dem qu. Hofe. Da getroffener Bestimmung zufolge des von der Braut ihrem Bräutigam zuzuheirathende Vermögen zuvorderst zur Abführung dieser Abfindungen bestimmt ist, so geht dieses dem Hofe selbst zu Gute, welcher zu diesen Abfindungen eventuell nur einen geringen Betrag zu leisten haben wird. Zugleich ist darüber Bestimmung getroffen, dass, wenn Kinder aus der vorseienden Ehe nicht vorhanden, 900 M. dem Anerben des Hofs zufallen sollen. Da es schwierig ist, allen Ansprüchen der Betheiligten zu genügen, so glauben wir, dass im Vorstehenden den billigen Anforderungen allen Genüge geleistet sein wird und geben wir die obercuratelseitige Genehmigung des vorstehenden Contracts damit anheim.
Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben:
A. Hundertmark
H. Renziehausen
L. Brand
H. Ahlswede
Renziehausen
Renziehausen
L. Renziehausen
in fidem Rustenbach
Geschehen im Herzogliches Amtsgericht Eschershausen, am 29. Mai 1878
Es sistirten sich: die Witwe des Halbmeiers Ludwig Hundertmark, Johanne geb. Brokmann aus Halle, welche nach sachgemäßer Eröffnung aus dem Protocolle vom gestriegen Tage erklärte, dass sie ihre Einwilligung zu dem Verlöbnisse ihres Sohnes August Hundertmark zu Dielmissen mit der Hermine Renziehausen daselbst ertheile, auch auf das an dem Nachlasse ihres genannten Sohns eventuell ihr zustehende Miterbrecht.
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