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- [S50] STA Wolfenbüttel.
Niedersächsisches Landes-Staatsarchiv Wolfenbüttel Archivbezeichnung 30 NEU Nr. 276
Kammer VI, Reposit A, Nummer 209
Akten des Herzoglich Braunschweig=Lüneburgischen Ober=Landes=Gerichts zu Wolfenbüttel
Ergangen 1847-1848
In Sachen des Vollmeiers Christoph Ahlswede in Dielmissen, Namens seiner in seiner väterlichen Gewalt stehenden
Tochter Louise Ahlswede, jetzt die letztere selbst, als Ehefrau des Vollmeiers Heinrich Schütte in Dielmissen, Klägerin
und Appellantin, wider
den Großköther Conrad Renziehausen daselbst, Beklagten und Appellaten, wegen Alimente und Entschädigung
Fol. act. 20. Vollmacht der Klägerin für die Procuratoren: Schütze und Rotoff
Fol. act. 29 Vollmacht des Beklagten für die Procuratoren: Stollberg und Leister
Nr. 2218 Nr. 2450 Pe. den 2. August 1847
An Herzogliches Oberlandesgericht in Wolfenbüttel
Herzogliches Kreis-Gericht Holzminden
Bei Einsendung der Akten in Sachen des Vollmeiers Christoph Ahlswede in Dielmissen, Namens seiner in seiner väterlichen Gewalt stehenden Tochter Louise Ahlswede daselbst, Klägers und Interrenten, gegen den Großköther Christoph Renziehausen in Dielmissen, Verklagten und dessen Ehefrau Johanne, geborene Renziehausen daselbst, wegen Alimente und Entschädigung.
Der in rubro benannte Kläger und Interrent hat gegen unser Erkenntniß vom 20. April insinnirt den 25. Mai des Jahres unterm
4. des Monats die zuständigen Rechtsmittel intergenirt und unterm 10ten des Monats angezeigt, daß er das der Appellation gewählt und bei Herzoglichem Oberlandesgerichte gerechtfertigt habe; weshalb wir nicht verfehlen, die ergangenen Acten in einem Volumime hierneben zur weitern Hochgeneigten Verfügung einzusenden.
Indem wir die Versicherung unseres schuldigen Respects erneuern.
Holzminden, den 14ten Juli 1847 Herzogl. Kreis=Gericht
Nr. 206
Rechtfertigung der Appellation an Seiten des Vollmeiers Christoph Ahlswede in Dielmissen, Namens seiner in seiner väterlichen Gewalt stehenden Tochter Louise Ahlswede, jetzt der letzteren selbst, als Ehefrau des Vollmeiers Heinrich Schütte in Dielmissen, Klägerin und Appellantin, wider den Großköther Conrad Renziehausen daselbst, Beklagter und Appellaten
hat Anlage A. Erkenntniß wegen Alimente
hat Anlage B. derrat auf die und Entschädigung Einlegung
hat Anlage C. Vollmacht
An Herzogliches Ober=Landes=Gericht in Wolfenbüttel
Nachdem ich am 4ten Mai 1844 einen unehelichen Sohn geboren hatte, wofür mir der Beklagte als Vater gelten musste, war mir derselbe sowohl zur Erstattung der Tauf- und Wochenbettskosten, als auch zur Zahlung von Alimenten für mein Kind verpflichtet. Er wollte sich zur gütlichen Erfüllung solcher Verpflichtungen nicht verstehen, und so sehe ich mich genöthigt deshalb mit einer Klage gegen ihn aufzutreten, indem ich meine Ansprüche auf Entschädigung wegen nicht erfüllten Eheversprechens in einem besonderen schon früher erhobenen Processe verfolgte. Ich forderte aber an Tauf= und Wochenbettskosten 118 Taler 16 ggr. 10 Pf. nach einer speciellen Berechnung über die Wochenbettskosten, indem ich dadurch auf ein fast 12wöchiges Krankenlager gerathen war, und an Alimenten für mein Kind einen jährlichen Zuschuß von 25 Taler bis zu dessen zurückgelegten 14ten Lebensjahre. Diese Forderung stützte ich in Gemeinschaft mit meinem Vater , dem Vollmeier Christoph Ahlswede hierselbst, in dessen väterlichen Gewalt ich damals noch lebte, auf den Recht er hat, dass den unehelichen Kindern eine dem Stande der Mütter entsprechende Verpflegung und Erziehung gewährt werden müsse, wenn der uneheliche Vater zur Herbeischaffung der dazu erforderlichen Mittel im Stande sei. Daran könne nun aber bei dem Beklagten nicht gezweifelt werden, da derselbe als Besitzer von zwei hiesigen Kothhöfen schuldenfrei 82 ½ Morgen Ackerland, 23 3/8 Morgen Wiesen, 1 ¾ Morgen Garten, eine Schäferei und ein sehr gutes Inventarium sein eigen an nennen. Ich bat hiernach den Beklagten zu verurtheilen.
In seiner Vernehmlassung bestritt Beklagter nicht allein die Höfe der von mir geforderten Tauf= und Wochenbettskosten, sondern auch die Verpflichtung, dazu, mehr als die gewöhnliche Beihülfe zu geben, und brachte zugleich auch eine Einrede meiner eigenen Verschuldung vor. Die Alimenten=Forderung bestritt er als zu hoch, weil seine Höfe und einen geringen Ertrag lieferten, und daran eine Schuldenlaß von 3356 Taler hafte.
In meiner Replik behauptete ich nach in Beziehung auf die Tauf= und Wochenbettskosten, dass wenn auch noch die durch mein Wochenbett hervorgerufene Störung der Wirthschaft im väterlichen Hofe, so wie auch meines Vaters eigene Dienstleistungen während meiner Krankheit in Anschlag gebracht würden, die Entschädigung für Tauf- und Wochenbettskosten, wohl noch einmal so hoch zu berechnen sei, als es in der Klage geschehen sei - zu hoch könnte ich auch die Alimentenforderung um deswillen nicht halten, weil das Vermögen des Beklagten doch immer noch, selbst nach Abrechnung der Schulden, wenn sie auch zu hoch sich beliefen als Beklagter angegeben habe, einen Werth von mehr als 8000 Taler habe. Ohne dass nun in deren Duplik des Beklagten noch irgend etwas von Erheblichkeit vorgekommen wäre, erfolgte unterm 20sten März insinuirt am 19ten April 1845 im Interlocut des Inhalts, dass ich zu beweisen habe.
Ad I 1. dass ich in Folge der Entbindung von einer eitrigen Krankheit befallen sei, wodurch
2. die in der Klage Spicifiurten Kosten veranlasst, und
3. solche Kosten überhaupt und in ihrem Betrage nothwendig gewesen wären;
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Ad II, dass die Grundstücke, Gerechtsame und Inventarien des Beklagten, deren Besitz derselben eingeräumt habe, und deren
ungefährer Werth soviel hier zu wissen nöthig gerichtsbekannt sei, mit Schulden nicht behaftet, oder aber, dass das
gesamte Vermögen des Beklagten auf 8000 Rthlr anzuschlagen sei.
Die Beweise ad I trat ich unter eventueller Eideszuschiebung durch Zeugen und Sachverständige und die Beweise ad II gleichfalls unter eventueller Eideszuschiebung durch Sachverständigte und Urkunden an.
Nachdem nun die Beweise ad I vollständig von mir erbracht worden waren, und ich rücksichtlich des Vermögens des Beklagten durch das Gutachten von 4 von beiden Seiten gewählte Sachverständige so viel nachgewiesen hatte, dass die beiden im Besitze des Beklagten befindlichen Großkothhöfe, incl. der Inventarien von denen ihm der eine ganz und die Hälfte des anderen von seiner Ehefrau auf die Weise zugebracht worden ist, dass dieselbe ihrer an des Beklagten Bruder verheiratheten Schwester eine Abfindung nicht zahlt, wogegen auch der Beklagte von seinem Bruder und dem demselben abgetretenen Vollmeierhofe eine Abfindung nicht empfängt, selbst nach Abzug der vom Beklagten behaupteten Schulden von 2656 Taler und der öffentlichen Abgaben zu einem Capitalwerthe von 1600 Taler, noch immer einen netto werth von 1094 Rthlr. 12 ggr behielten, ist nachdem auch von beiden Seiten über die Erheblichkeit der versuchten Beweisführung verhandelt worden war, das hier als Anlage A beigefügte Erkenntniß unterm 20ten April dieses Jahres erlassen und mir am 25sten Mai dieses Jahres insinuirt worden. Die Entscheidung desselben geht dahin:
Dass ad I des Interlocuts die Sätze 1., 2. und 3. nothdürftig erwiesen seien und Beklagter einen Betrag von 50 Talern zu den Tauf- und Wochenbettbetts- und Krankheitskosten binnen 4 Wochen bei Vermeidung der Hülfe zu entrichten habe.
Daß ad II die erste Alternative so weit eben angegeben worden, erwiesen sei Beklagter sich nunmehr aber rücksichtlich bei der Alternativen auf den eventuell und generell zugeschoben von Eid binnen 4 Wochen bei Strafe der Eidesweigerung zu erklären habe. Durch diesen Richterspruch finde ich mich nun in mehrfacher Hinsicht verletzt, und habe deshalb nach Ausweisung der Anlage B am 4ten vorigen Monats zeitig zuständige Rechtsmittel dagegen eingelegt, indem ich nunmehr, durch meine Verheirathung der väterlichen Gewalt entwachsen, diesen Prozeß selbständig fortsetzen. Die Formalien der hiermit gewählten und gerechtfertigten Appellation würden nun eine Richtigkeit sein, wenn die Nothfristen von mir vollständig gewahrt worden wären, indem meine erste unten auf zustellende Beschwerde rücksichtlich der Wochenbettskosten auf eine Summe von 50 Rthlr. gerichtet ist, und meine zweite Beschwerde einen Punkt betrifft, von welchen die Entscheidung über die vierzehnjährigen Alimentengelder, die ich jährlich mit 25 Taler in Anspruch genommen habe, abhängig bleibt, der Gegenstand dieser Appellation sich also auf eine höhere Summe als 100 Taler berechnet wegen der Versäumniß an den Nothfristen bitte ich aber ehrerbietig: daß Hofes Accosterium? mir Restitution hochgewogenthlichst ertheilen möge, weil mein Anwalt nicht früher zur Erledigung dieser Sache die nöthige Zeit hat gewinnen können, und ich selbst als eine Bauersfrau eine restitutionsfähige Person bin. Meine Beschwerden finde ich darin: Gravamen I daß mir als Entschädigung für Tauf= und Wochenbetts= und Krankheitskosten nur 50 Rthlr und nicht vielmehr wenigstens 100 Rthlr dafür zugesprochen worden sind.
Gravamen II daß der Beweis ad II des Interloauts rücksichtlich der zweiten Alternative, nämlich daß das gesamte Vermögen des Beklagten mit 8000 Rthlr angeschlagen sei, für verfehlt und nicht vielmehr für vollständig erbracht angenommen, mich sofort über die Höfe der zu zahlenden Alimenten Gelder erkannt worden ist.
Rechtfertigung:
Ad Gravamen I daß mir als Entschädigung für Tauf=, Wochenbetts= und Krankheitskosten nur 50 Rthlr und nicht vielmehr wenigstens 100 Rthlr dafür zugesprochen worden sind.
Es ist von mir auch nach der Annahme der Fententia a qua vollständig erwiesen worden, daß mein Wochenbett incl. der dadurch herbeigeführten Krankheit einen baaren Kostenaufwand von 118 Rthlr 16 ggr. 10 Pf veranlasst hat: wenn man nun auch mit dem Interloauten vom 20sten März 1845 annehmen will, daß der Auprator nur einen angemessenen Beitrag zu den Tauf= und Wochenbettskosten, auch wenn sie, wie in diesem Falle, zu den außergewöhnlichen gehören, zu leisten habe, und ein anderer Theil des Schadens von der Geschwächten selbst getragen werden müsse, weil die Beschäldigung ihren Grund in dem gemeinschaftlichen Fehltritte der Concumbantin habe; so ist es doch gewiß schon um deswillen für eine Anbilligkeit zu halten, wenn auch die fraglichen Kosten nur zu gleichen Theilen auf die beiden Concumbanten vertheilt werden sollten, da doch regelmäßig, besonders in Fällen der vorliegenden Artanzunehmen ist, dass die Verleitung zu dem Fehltritte von dem Manne ausgegangen ist, und dieser dafür auch als der am meisten schuldige Theil von größeren Theil des Schadens zu ersetzen verpflichtet erscheinen muß. Zieht man aber in diesem besonderen Falle noch in Erwägung, dass ich schon einen großen Schaden, der nicht besonders in Ansatz gebracht worden ist, während meiner Krankheit dadurch erlitten habe, daß ich während eines vollen Vierteljahrs arbeitsunfähig gewesen bin, daß ich die heftigen Schmerzen und Leiden zu erdulden gehabt habe, von davon der Beklagte und Appellat nicht im mindesten berührt worden ist, so würde es eine große Härte für mich sein, wenn die Bestreitung der fraglichen Kosten und Ausgaben in der Weise unter uns vertheilt bleiben sollte, wie es in der Fententia a qua geschehen ist. Es könnte vielmehr durchaus nicht unbillig erscheinen, wenn Beklagter und Appellat verurtheilt würde, mir die gesamten 118 Rthlr 16 ggr 10 Pf zu erstatten, wenigstens aber glaube ich aus den eben angeführten Gründen auf die Summe von 100 Taler den mahlbegründetsten Anspruch zu haben.
Ad Gravamen II daß der Beweis ad II des Interlocuts rücksichtlich der zweiten Alternative nämlich:
daß das gesamte Vermögen des Beklagten auf 8000 Rthlr anzuschlagen sei, für verfehlt, und nicht vielmehr für vollständig erbracht angenommen, auch sofort über die Höfe der zu zahlenden Alimentengelder erkannt worden ist.
Die Sententia a qua nimmt an, daß ich den Beweis der ersten Aternative:
daß nämlich die Grundstücken, Gerechtsame und Inventarien des Beklagten mit Schulden nicht behaftet seien, nur insofern geführt habe, als von mir nachgewiesen worden sei, daß von den vom Beklagten in seiner Vernehmlassung behaupteten Schulden zu 3356 Taler nicht mehr vorhanden seien 100 Taler, und also der Beweis rücksichtlich der übrigen 2656 Taler noch unerledigt bleibe. Den Beweis der zweiten Alternative soll ich aber verfehlt haben, weil die Sachverständigen zwar den Werth der im Besitze des Beklagten und Appellaten befindlichen Höfe abgeschätzt haben, aber nicht besonders die Vortheile abgeschätzt worden seien, welche nur der bloße datalalb gewähre in welchem sich der Beklagte und Appellat rücksichtlich der ihm von seiner Ehefrau zugebrachten 1 ½ Höfe befinden. Diese Argumentation glaube ich nun aber nicht für die richtige Haltung zu kennen, da einer Seits nach bekannten Rechten der Ehemann für die Dauer der Ehe Eigenthümer der Mitgift wird, und auch bei nicht fungilenden Detailsachen, mit Ausnahmen des Rechts deren Veräußerung alle Befugnisse eines wahren Eigenthümers gemäßt, und anderer Seits bei Bestimmung der Höfe der für uneheliche Kinder zu zahlende Alimente als rücksichtlich des Vermögens des unehelichen Vaters nur auf denjenigen Zeitpunkt ankommt, in welchem die Klage erhoben worden ist. Da nun bei der vorliegenden Abschätzung des Vermögens des Beklagten und Appellaten gewiß mit Freud nicht wird angenommen werden können, daß es ungeachtet einer gehörigen Wirthschaftsführung des Beklagten zum Verkaufe der Dotalgrundstücke werde kommen müssen, wenn Beklagter und Appellat vierzehn Jahre lang an jährlichen Alimentengeldern 25 Taler zahlen solle, so sind gemäß durch das Gutachten der Sachverständigen die Vermögensverhältnisse des Beklagten und Appellaten so weit ins Klare gebracht, daß daraus abgenommen werden kann, daß die von mir erhobene Alimentenforderung bei Berücksichtigung der übrigen hier in Betracht kommenden Thatumstände nicht als übertrieben sich darstellt, und es wenigstens der Ableistung der von der Fententia a qun in Beziehung auf das Vermögen des Beklagten und Appellaten verlangten Eide vor da finitiver Feststellung der Alimentengelder umsoweniger ankommen kann, als nach dem Gutachten der Sachverständigen das Vermögen des Appellaten die Summe von
8000 Taler noch bedeutend übersteigt, und hier ein Unterschied von mehreren von Hundert, ja selbst von 1000 Taler kaum etwas ausmachen würde. Somit meine Beschwerden den für gerechtfertigt haltend lasse ich meine ehrerbietige Bitte dahin gerichtet sein:
daß Hofes Dicasterium unter Wiederaufhebung der Fententia a qua und Verurtheilung des Beklagten und Appellaten zur Erstattung der Kosten dieser Instanz von derergestalt Hochrechts genehmigtst erkennen möge:
Ad Gravamen I daß Beklagter und Appellat mir binnen 4 Wochen bei Vermeidung der Hülfe an Tauf=, Wochenbetts= und Krankheitskosten 100 Taler zu bezahlen schuldig sei, und
Ad Gravamen II daß die zweite Alternative des fraglichen Beweises für hinreichend erwiesen anzunehmen sei, und daher sofort ohne fernere Ableistung von Eiden, die Höfe der Alimentengelder für mein Kind bestimmt werden müsse.
Durch die Anlage C. wird der Herr Ober=Gerichtsporcurator Schütze ad acta bestimmt, und für dessen Todesfall der ihrer
Eschershausen, 7. Juli 1847
In Sachen des Vollmeiers Christoph Ahlswede in Dielmissen, Namens seiner in seiner väterlichen Gewalt stehenden Tochter Louise Ahlswede daselbst, Klägers und Interventen wider den Großköther Conrad Renziehausen daselbst, Beklagten und dessen Ehefrau, Intervenientin, wegen Alimente und Entschädigung, werden den Verklagten die vom Kläger überreichten Schriften
? Judicatmäßiges Gesuch?, Salnationsschrift und ?Bitte? copielich zugefertigt mit nachfolgendem Bescheide:
Nachdem Kläger auf Impugnation? der Beweisführung des Verklagten verzichtet hat, kommt es bei Beurtheilung der gesamten Beweisinstanz zunächst auf Thema I das Interlecuts an.Des die Tochter des Klägers von eine hitzige Krankheit befallen und diese Krankheit Folge der Entbindung als mitwirkender Ursache gewesen sei, geht nicht nur aus den Erzählungen der Zeuginnen Meier, Kohlenberg und Thido hervor, sondern wird auf das Entscheidenste und mit guten Gründen behauptet von dem Sachverständigen Eicke, welcher durch seine Eigenschaften als recipirter Arzt und angestellter Pfysicus vollen Glauben hat. Durch eben diese Personen werden auf die hierher gehörigen Sätze des Directen und indirecten Gegenbeweises das die Krankheit simulirt durch den Genuss von Wein oder Branntwein herbeigeführt sei pp, vollständig widerlegt und dem eventuellen Gebrauche des Eides entzogen. Eine Krankheit von der Art und Dauer der in Rede stehenden ist geeignet, Kosten zu veranlassen, wie sie in der Klage specificirt sind. Darüber und über die Nothwendigkeit und Angemessenheit der Aufwendungen sind die mehrgedachten Zeugen und Sachverständigen gleichfalls einverstanden. Nur die Lquidation des Eicke (45 Taler 14 ggr. für 31 Reisen, Besuche und Verordnungen) lässt, da Liquidant selbst sich kein Zeugnis ausstellen kann, Zweifel übrig. Allein eine 3-monatige schwere Krankheit der Wöchnerin und zum Theil auch des Kindes, wie sie von der Kohlenberg und Thido bezeugt wird, erfordert zahlreiche ärztliche Besuche und nach Ansicht der Verordnung vom 5. Juli 1826 und in Rücksicht auf die Individualität des Falles erscheint die Liquidative nicht übertrieben; ein Ausspruch, der um so mehr sich gerechtfertigt, als es für nicht auf Specification eines Objects der Verurtheilung, sondern auf Gewinnung eines Maaßstabes für arbiträre Bemessung jenes Ojects ankommt.
Conf sent. 20. März 1845, wie denn im Interlocute auf ähnliche Weise der Werth der Grundstücke des Verklagten als Gerichts bekannt angenommen wurde.
Bei dem Chema II ist zunächst der Intervention der Ehefrau des Verklagten zu gedenken. Offenbar fehlt es derselben an der nöthigen Begründung. Denn die Gefahr und also das Interesse, woraus sie gestützt ist, lässt sich überall oder doch jetzt nicht nachweisen und würde erentaliter? nur mittelst einer Principal Intervention geltend gemacht werden können.
Den Beweis dieses Themas anlangend, und zwar der ersten Alternative zunächst so sind zwei Umstände nicht zu übersehen. Gegen die Annahme des Interlocuts, das die Grundstücke, Gerechtsame und Inventarien des Verklagten ihm gehörten, - dies nur kann der eigentliche Sinn des gebrauchten Wortes ?Besitz? sein, welcher auf den Ausdruck der Klage ?sein eigen nennt? zurück zu beziehen ist, - geht aus der eigenen Beweisführung des Klägers hervor, das jener Besitz größtentheils nur Dotalbesitz sei. Es ließe sich vielleicht anführen, das es hier weniger auf die Begriffe von Eigenthum und Nichteigenthum als auf Früchte und Einnahmen ankomme; allein dann würde der eheliche Nießbrauch mindestens eine weniger zünftige Besitz für arbitoare Belastung des Verklagten sein, als Eigenthum. Auch ist bei dem eigenthümlichen Arrangement der beiden Brüder und Schwestern, welche einander heiratheten eine Anwartschaft des Verklagten auf eine bedeutenderen Grundbesitz resp: eine größere Abfindung als er wirklich erhalten, indem von seiner Ehefrau erworbenen beträchtlicheren Vermögen gewissermaßen untergegangen. Deshalb muß es denn bei demjenigen bleiben, was nach dem Interlocute bereits formell liquide war. Ein anderer nicht zu übersehender Umstand ist, das die Beweisauflage der ersten alternative eine Eigenschaft des Grundbesitzes qui zum Gegenstande hat, die Schuldenfreiheit, welche in tantum ? bis auf 3356 Taler ? bereits zugestanden und deren Nichtbeweis von keiner anderen Folge ist, als dass eine Verschuldung der Höfe in jenem Umfange gesetzt wird. Die Beweisführung hätte deshalb gerade gegen die einzelen Posten der Summe von 3356 Taler gerichtet werden sollen. Statt dessen hat Kläger Hypothekenextracte beigebracht und über Berichtigungen derselben den Eid zugeschoben. Allein schon im § 2 der Ehestiftung des Verklagten übernimmt dessen Ehefrau ?die vorhandenen Schulden? und wenn es auch scheint, als ob die Schulden deren Nichtexistenz zum Beweise verstellt wurde, dinglich wären, so giebt es bekanntlich Vergleiche viele noch außer den ingrossirten Hypotheken, wovon die in derselben Ehestiftung übernommene Leibzucht als Belag dienen kann. Nur so viel geht aus den Urkunden vom 17. Februar und 14. Octbr. 1844 hervor, das die in der Vernehmlassung ad 7 gedachte Abfindung von 700 Taler getilgt worden. Dagegen ist eine partielle Identität der in den Hypothekenscheinen erwähnten 1450 Taler mit den ad 1 der Vernehmlassung angegebenne 1300 Taler weder behauptet, noch zu präsumiren und also auch von obiger Eideszuschiebung in dieser Richtung kein Gebrauch zu machen.
Wenn nun ? mit Ausnahme des Punktes der 700 Taler die gesamte Beweisführung des Klägers als inept erscheint, so kann daraus auch zum Nachtheil des Producenten nicht Einzelnes ? wir meinen hier die Altentheilslast ? herausgenommen werden, zumal man nicht weiß, ob man sich dadurch der Summe des materiellen Rechts nähern würde. Es bleibt vielmehr nur über, das formelle Recht hier allein zu beachten, welches nunmehr darin besteht, dass der gerichtsbekannte Besitz des Verklagten mit 2656 Taler Schulden behaftet sei. Bei dem Beweise der zweiten Alternative gingen, abweichend von der ersten Instanz beide Theile davon aus, dass von den in Rede bestehenden 2 Höfen nur ein halber dem Verklagten, 1 ½ aber der Ehefrau desselben gehörten und jenem in dotem zugebracht wären. Sind auch die Bemerkungen über den Zweck der dos und des angmentum Dotis richtig, so kann doch der Ehemann die Früchte Derselben auch zu seinem standesmäßigen Unterhalte verwenden, also um eigenen Vermögen speren. Der Dotalbesitz gewährt mit hin Vortheile, welche schätzbar von den Sachverständigen aber keineswegs in Anschlag gebracht sind. Was von dem Gutachten brauchbar wäre, die Angabe des Werthes der dem Verklagten eigenthümlich gehörigen halben Stelle, würde an das, was bei der ersten Alternative liquide geworden ist, nicht hinan reichen, kann also übergangen werden.
Es wird erkannt: dass ad I des Interlocuts die Sätze 1. 2. 3 nothdürftig erwiesen seien und Verklagter einen Beitrag von fünfzig Thalern zu den Tauf=, Wochenbetts= und Krankheitskosten binnen 4 Wochen bei Vermeidung der Hülfe zu unterrichten habe,
das ad II die erste Alternative, soweit oben angegeben worden, erwiesen sei, Verklagter sich nunmehr aber rücksichtlich beider Alternativen auf den eventuell und generell zugeschobenen Eid binnen 4 Wochen bei Strafe der Eidesweigerung zu erklären habe; endlich, das Intervenientin unter Verurtheilung in die Kosten mit der Interventive angebrachtermaßen zurückzuweisen sei.
- [S63] mündliche Überlieferung.
Christoph Conrad Hermann Ahlswede * 4.5.1844 + 10.7.1909 bekommt zum Neubau seiner Scheune von seinem Vater Christian Friedrich Konrad Renziehausen, Großköter Nr. 58, Nr. 44 und Nr. 38 * 28.3.1819 + 26.6.1894, weil sein Sohn gut wirtschaften konnte, 3000 Taler geschenkt.
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